Modellregionen artenreicher Agrarlandschaften am Beispiel der Grauammer (MAGer)

Artenschutz – Biologische Vielfalt

Projektziele waren die Steigerung des Bestands der Grauammer in ausgewählten Modellregionen artenreicher Agrarlandschaften in Baden-Württemberg exemplarisch für alle Bodenbrüter des Offenlandes und die Ausbreitung zu fördern, denn die Bewohner der offenen Feldflur zeigen seit Jahrzehnten mit die stärksten Bestands- und Arealeinbußen unter den Tiergruppen in Baden-Württemberg.

Angesichts erheblicher regionaler Unterschiede fehlten detaillierte Untersuchungen über die lokal bestandslimitierenden Habitatstrukturen, die Auswirkungen der zunehmenden Verinselung auf die genetische Diversität und Demografie der Restpopulationen sowie den (auch genetischen) Austausch zwischen diesen Populationen. Es wurden zwar bereits lokal Maßnahmen zur Habitatoptimierung für Brutvögel des Offenlandes und gezielt für die Grauammer durchgeführt – etwa durch die Anlage von Brachestreifen oder Grünland-Extensivierung. Eine systematische Evaluation dieser Maßnahmen bezüglich ihrer Auswirkungen auf den Bruterfolg, die Nahrungsverfügbarkeit sowie die Populationsdemografie stand aber  aus.

Mit der Grauammer als stellvertretender und akut vom Aussterben bedrohter Leitart dieser Lebensgemeinschaft verfolgte das Projekt einen zweistufigen Ansatz:

  1. Eine wissenschaftliche Analyse der individuellen Strukturnutzung, Demografie und Populationsgenetik der Reliktvorkommen der Art in Baden-Württemberg und benachbarten Referenzgebieten; damit wurden wissenschaftliche Grundlagen für ein Verständnis der aktuellen Populationsdynamik und die Evaluation von Fördermaßnahmen geschaffen. In den Untersuchungsgebieten in Baden-Württemberg wurden Grauammern detailliert kartiert, ihre Strukturnutzung, z. B. zur Nestanlage und Nahrungssuche, analysiert sowie der Bruterfolg quantifiziert. Die Beobachtungsergebnisse flossen in die Analyse der Raumnutzung ein.
     
  2. Die Initialisierung bzw. Optimierung von Maßnahmen, die anhand der unter 1. genannten Populationsparameter systematisch auf ihre Eignung zur Stützung der Grauammer evaluiert wurden. In Abstimmung mit den unteren Naturschutz- und Landwirtschaftsbehörden sowie einzelnen Bewirtschaftern wurde angestrebt, in den Projektgebieten in Baden-Württemberg auf etwa 10 % der Fläche Agrarumweltmaßnahmen zur Förderung der Grauammer (und damit weiterer Offenlandbewohner wie etwa Rebhuhn, Feldlerche, Braunkehlchen) umzusetzen. Anhand der begleitenden wissenschaftlichen Evaluation wurden diese Maßnahmen fortlaufend optimiert.

Der Fokus lag auf sechs Untersuchungsgebieten in Baden-Württemberg (Rottenburg, Ertringen, Waldmannshofen, Kirschgartshausen mit Coleman Barracks, Saalbachniederung und Bremgarten). Referenzgebiete in benachbarten (Bundes-) Ländern waren im Klettgau in der Schweiz, im Raum Lampertheim in Hessen, im Raum Quellendorf in Sachsen-Anhalt und im Raum Düren in Nordrhein-Westfalen.

Folgende Arbeiten wurden durchgeführt:

  • Vorbereitende Strukturkartierung basierend auf Luftbildauswertungen
  • Grundlegende Revierkartierung
  • Strukturkartierung
  • Ermittlung von Neststandorten
  • Bruterfolgskontrolle
  • Erhebung von Daten zur Raumnutzung
  • Pilotversuch zum Fang und Beringung flügger Jungvögel
  • Strukturanalyse im Winter
  • Speichel- oder Federproben für molekulargenetische Analyse
  • Bewirtschafterbefragung

Für den Erfolg des Projekts waren drei wesentliche Faktoren relevant:

  • Maßnahmenumsetzungen in den Untersuchungsgebieten
  • Kooperation mit Ehrenamtlichen vor Ort
  • Sicherstellung der aufwändigen Raumnutzungsanalyse

Ziel war die Entwicklung von regionalisierten Maßnahmen, die sich nach Möglichkeit sowohl in die laufende landwirtschaftliche Nutzung als auch in bestehende Förderrichtlinien für Agrarumweltmaßnahmen integrieren lassen. Inzwischen wurden in allen sechs Untersuchungsgebieten in Baden-Württemberg Maßnahmen zur Habitatoptimierung für die Grauammer (u.a. mehrjährige Acker- und Blühbrachen, Anpassung der Mahdzeitpunkte, Ausweisung nicht bewirtschafteter Grünsteifen, Ackerextensivierungen sowie die Einrichtung mehrjähriger Ernteverzichtsflächen und Stoppelbrachen) umgesetzt. Die fachliche Abstimmung erfolgte gebietsbezogen mit den unteren Naturschutzbehörden, den vier Regierungspräsidien und der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg. Der fachliche Austausch erfolgte jährlich auch in einer gemeinsamen Lenkungskreissitzung.

Wesentliche bisherige Schlussfolgerung ist, dass in den Kernvorkommen der Grauammer im Grünland sowie in Luzerne- und Kleegrasbeständen über vertragliche Maßnahmen eine flächendeckend gültige Mahdruhe zwischen dem 5. Mai und 30. Juni anzustreben ist. Dieses Zeitfenster erlaubt i.d.R. einen erfolgreichen Abschluss von Bruten. Zur Sicherung späterer Bruten ist jedoch sicherzustellen, dass diese Flächen in der letzten Junidekade gezielt auf Brutvorkommen kontrolliert werden. Für das Jahr 2020 wird erwartet, dass in allen Untersuchungsgebieten gezielte Grauammer-Maßnahmen Wirkung entfalten und im Rahmen der Raumnutzungsanalysen evaluiert werden können.

Projektübersicht

  • Projektlaufzeit: April 2017 bis Dezember 2020
  • Projektträger: Universität Tübingen, Institut für Evolution und Ökologie
  • Zuwendungshöhe: rd. 190.000 Euro
  • Finanziert aus: Landesmitteln